Auch weiterhin: "Nein!" zum Ausbau des Flughafens!
 

Der Flughafen will internationaler werden

Presseecho

Passagierzahlen stagnieren - Direktverbindungen nach Asien und USA erwünscht - Emirates kommt frühestens 2018

Der Stuttgarter Flughafen-Chef Georg Fundel bemüht sich um Direktverbindungen nach Indien, China, Katar und in die USA. Das interessanteste Kapitel Dubai ist aber vorerst geschlossen. Bundeskanzlerin Merkel hat der Emirates Airlines eine Absage erteilt.

Im Januar und Februar haben am Stuttgarter Flughafen die Passagierzahlen im Vergleich zum Vorjahr stagniert. Statt 129 werden 2008 nur noch 122 Ziele angeboten, und auch die Zahl der Fluggesellschaften sank von rund 50 um etwa 20 Prozent. Die Fluggastzahlen und der ausgedünnte Sommerflugplan sind Wasser auf den Mühlen der Ausbaugegner. Doch Flughafen-Chef Fundel rückt deshalb nicht von seinem Vorhaben ab, den Bau einer zweiten Startbahn und eine Vorverlegung des Betriebsbeginns von sechs auf fünf Uhr durchzusetzen.

Der Flughafen sei in den Spitzenstunden selbst dann an seiner Kapazitätsgrenze, wenn am Jahresende ein Minus von drei Prozent bei den Passagierzahlen ausgewiesen werde, betont der Geschäftsführer. Im Übrigen sei die Zahl der Flugbewegungen in den ersten beiden Monaten um 6,3 Prozent gestiegen - das liegt an der reduzierten Anzahl von Billigfliegern, die durch die anstehende Fusion von Germanwings und Tuifly vor allem auf den Strecken nach Berlin und Hamburg wohl weiter sinken werde. Die Lufthansa ist jetzt wieder die stärkste Fluggesellschaft in Stuttgart: Allerdings hat sie durchschnittlich nur 44 Passagiere an Bord.

Es gebe zwar momentan eine Konsolidierung im Flugverkehr, dies sei aber völlig normal, meint Fundel. Irgendwann müssten die Überkapazitäten eben abgebaut werden. Die drohende Rezession, die Schwächen am Aktienmarkt und die gestiegenen Kerosinpreise hätten natürlich negative Auswirkungen auf die Bilanz. Fundel verweist jedoch darauf, dass die Stagnation am Flughafen Stuttgart bedeute, dass man das Minus von 200 000 Passagieren infolge des stornierten Wintertouristikdrehkreuzes durch Normalflieger ersetzt habe. "Eine kleine Delle spielt in unserer Zehnjahresplanung überhaupt keine Rolle", sagt Fundel. Zwischen 2003 und 2007 sei der Flughafen um 35,3 Prozent gewachsen; eine Jahresquote von mehr als acht Prozent sei aber nie angestrebt gewesen. Seine Szenarien bewegten sich in einem Korridor von plus 2,5 bis plus fünf Prozent.

Der Flughafen Stuttgart ist kein internationales Drehkreuz wie Frankfurt und München, ein bisschen interkontinentaler als bisher mit nur einer Direktverbindung (nach Atlanta/USA) darf es laut Fundel aber schon sein. Er würde immer noch gerne New York ansteuern, er hat aber vor allem Asien im Blick. Indien und China würden mit zehn Prozent pro Jahr wachsen, im Reich der Mitte seien 500 Millionen Menschen der Armut entflohen. "Dort beginnt man jetzt erst zu reisen", sagt der Flughafen-Chef - und er will mitverdienen. Fundel sagt, er bemühe sich intensiv um Interkontinentalverbindungen zwischen Stuttgart und Peking sowie Stuttgart und Mumbai. Beschränkungen seitens der Staaten wären in diesen Fällen nicht zu erwarten, denn die Länderverkehrsrechte seien längst noch nicht ausgeschöpft.

Anders verhält sich das mit den möglichen Partnern Dubai und Katar. Oberbürgermeister Wolfgang Schuster hatte sich zwar nach einem Kurzbesuch "optimistisch" gezeigt, "dass künftig Direktverbindungen nach Stuttgart angeboten werden". Daraus wird aber trotz seines persönlichen Eingreifens vorerst nichts. Qatar-Airlines und die Emirates Airlines würden zwar gerne von Doha und Dubai den Flughafen Stuttgart ansteuern, um ihre Scheichs in die Landeshauptstadt zu transportieren und Bürger aus der Region in die Emirate zu fliegen, doch die Bundesregierung hat etwas gegen dieses Geschäft, das Fundel rund 150 000 Passagiere pro Jahr und Ziel bringen würde.

Zumindest im Fall von Emirates Airlines, die mit Macht nach Stuttgart drängt, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel jetzt ein Machtwort gesprochen. Frühestens 2018 sei nach Gesprächen von Vertretern der beiden Regierungen mit Landerechten für Stuttgart zu rechnen, bedauert Fundel. Vor dem Landesflughafen ist nach Vorstellungen der Kanzlerin zuerst der neue Berliner Airport (etwa 2013) dran. Tim Clark, Chef von Emirates, hat das als Katastrophe bezeichnet. Ausschlaggebend für die Absage ist die Sorge der Lufthansa, das starke Wachstum arabischer Unternehmen, die derzeit rund 50-mal pro Woche Frankfurt, Düsseldorf und München anfliegen, könnte ihre Interessen tangieren.

Quelle: Stuttgarter Zeitung vom 25. März 2008 (Jörg Nauke)